Jens&Caro: Machame August 2017

Jens&Caro – Machame- August 2017

Mount Kilimanjaro Besteigung 2017-09-10

Vom 20.08.2017 bis 30.08.2017 hielt ich mich in Tanzania auf, um vom 22.08.2017 bis 28.08.2017 den höchsten Berg Afrikas zu besteigen.

Samstag 19.08.2017: Flug von Hannover nach Kilimanjaro Airport

Ich habe mich für einen Flug direkt von Hannover über Istanbul nach Kilimanjaro entschieden. Der lange Zwischenstopp in Istanbul soll mir hinlänglich Sicherheit geben, dass mein Gepäck auch wirklich umgeladen und mitgenommen wird. Ich freue mich auf Afrika, auf die Menschen dort, auf die Farben und die Gerüche, die mir so bekannt sind und die ich schon eine ganze Weile vermisst habe.
Um 14:30 Uhr sind wir planmäßig in Istanbul gelandet. Ich nutze die fast 6 Stunden Aufenthalt in Istanbul, um mich auszuruhen, zu essen und die vielen Menschen auf diesem Großflughafen zu beobachten. Es ist voll und stickig hier. Menschen aus fast allen Kontinenten – so scheint es – treffen hier ein und wirken gehetzt, so wie ich selbst normalerweise auch. Jetzt auf einmal habe ich Zeit und dabei fällt mir so etwas auf.
18:15 Uhr: Der Flughafen gleicht jetzt einem Hexenkessel. Viele exotisch gekleidete Menschen, die nach ihren Anschlussflügen suchen und überall der süßliche Duft von irgendwelchem wahrscheinlich sündhaft teuren Parfüm. Ich habe leider nichts Konkurrenzfähiges dabei, aber inzwischen mein Abfluggate gefunden. Um 19:50 Uhr geht es endlich los und ich hoffe auf einige Stunden Schlaf und gute Filme…

Sonntag 20.08.2017: Ankunft Kilimanjaro Airport und Weiterfahrt nach Moshi

Mit ca. einer halben Stunde Verspätung landen wir in Kilimanjaro Airport. Wer denkt, dass damit alles Wesentliche überstanden ist, der irrt. Zunächst muss ich mit allen anderen Einreisewilligen einen Visaantrag stellen, um den dann gleich am nächsten Schalter einzureichen, zusammen mit allen 10 Fingerabdrücken. Obendrauf noch 50 US$ und jede Menge Geduld nachts um 03:00 Uhr – so kam ich zu meinem schönen Visaeintrag im Reisepass. Danach die Taschen aus der Endlosschleife des Gepäckbandes befreien und noch mal durch eine Kontrolle, dann war´s geschafft. Ich konnte endlich frische afrikanische Morgenluft einatmen.
Mein Guide Patson mit seinem Bruder und seinem Freund Rage warteten auf mich und wir erkannten uns sofort. Nach einer einstündigen Fahrt durch die afrikanische Nacht kamen wir in meinem B&B Tembotamu in Moshi an und ich wollte nur noch eines: schlafen.
Allerdings hatte ich mich schon um 10:00 Uhr mit Claus, einem Freund aus Dar Es Salaam verabredet, so dass die restliche Nacht sehr kurz ausfiel. An diesem und dem darauffolgenden Montag (21.08.2017) absolvierte ich ein ziemlich dicht gepacktes Programm. Ich traf mich mit Claus, besichtigte die Mwenge Universität in Moshi (MWECAU), hatte sehr gute Gespräche mit meinen Gastgebern Sandra (aus Neuseeland) und Frank, einen Stadtrundgang in Moshi mit Patson und natürlich genügend Zeit, mein Equipment zu überprüfen und startklar zu verpacken.

Dienstag 22.08.2017: Machame Gate (1.840m) – Machame Camp (2.980m) – 1.110Hm – 7km

Pünktlich um 08:30 Uhr holt mich Patson mit der kompletten Crew – das sind Patson (Chief Guide), Mbise (Assistant Guide), Anton (Cook), Rage (Waiter) sowie 8 Träger (Joseph, Mega, Elia, John, Timotheo, Nelson und Eliufoo) ab. Danach geht es direkt zum Hostel, wo wir Caro abholen, die die Tour mit mir gemeinsam absolvieren wird.
Eine knappe Autostunde später sind wir am Machame Gate und… es regnet. Ungewollt verbringen wir dort die kommenden dreieinhalb Stunden, während unsere Crew alle möglichen und unmöglichen Formalitäten zu erledigen hat. Ich beobachte während dessen die Touristen, die hier anlanden und habe den Eindruck, dass es voll werden könnte am Berg. Und nicht nur das, sondern es deutet sich an, dass es auch sehr unterschiedlich werden kann in den kommenden Tagen, unterschiedlich von der Herangehensweise, vom Umgang mit der Natur und dem Berg, von der Rücksichtnahme auf andere usw. Ich beschließe, mich überraschen zu lassen.
Um 12:30 Uhr geht es dann endlich los, zuerst Fahrstraße, dann Wanderwege durch den Regenwald. Es ist nass und schlammig, aber es regnet nicht mehr. So gegen 15:00 Uhr kommt der Nebel, oder vielleicht sind es auch Wolken. Um 16:45 Uhr erreichen wir das Machame Camp. Es fühlt sich ziemlich gut an hier, obwohl Caro und ich zwischendurch das Gefühl hatten, dass es hart werden könnte. Aber jetzt ist alles gut, keine Kopfschmerzen, aber Hunger…
Permanent werden wir ermahnt zu trinken. Meine bisherige Tagesleistung: 3l (Wasser und Tee). Wir beziehen unsere Zelte und ich versuche es mit einer gewissen Grundordnung, um meine Sachen halbwegs wiederzufinden. Gegen 19:00 Uhr ruft uns Rage zum ersten Dinner im Esszelt, mit Tisch und zwei Stühlen. Wir staunen, sind ehrlich überrascht und auch ein wenig beschämt, derweil wir daran denken müssen, dass dieses ganze Zeug bis zum Basislager getragen werden muss. Nach dem Essen ist es stockdunkel. Der afrikanische Sternenhimmel mit dem Kreuz des Südens und der Milchstraße sind zum Greifen nah und empfangen mich. Ich fühle eine tiefe innere Ruhe. Ich bin gespannt, wie ich in dieser ersten Nacht schlafen werde.

Mittwoch 23.08.2017: Machame Camp (2980m) – Shira Cave Camp (3.830m) – 890Hm -7km

Nach einem durch zwei Pinkelpausen unterbrochenen ruhigen Schlaf wurde ich von meinem neuen Freund Rage um 06.30 Uhr geweckt. Wir üben die Morgenprozedur zum ersten Mal: waschen mit einer Schüssel lauwarmem Wasser (WICHTIG: Quellwaschlappen), anziehen, Sachen packen, frühstücken… und das alles bei bitterer Kälte. Aber, es hat geklappt und so brechen wir um 08:15 Uhr auf. Es ist ein strahlender Morgen, die Sonne verwöhnt uns nach der kalten Nacht und ich bin sehr gespannt auf den Tag. Ich werde nicht enttäuscht. 890 Höhenmeter auf einer Distanz von 7km ergibt eine mittlere Steigung von mehr als 15%. Also es war hart, aber am Ende hat sich unsere Strategie bewährt. Wir laufen zu viert – Mbise voran, dann ich, dann Caro und dann Patson. Wir laufen sehr langsam, aber kontinuierlich Schritt für Schritt und sind schon ziemlich gut „synchronisiert“. Wir erreichen Shira Cave Camp mit als eine der ersten Gruppen. Unter unseren „Leidensgenossen“ sind viele große Gruppen, die teilweise bis zu 50 Mann stark sind. Dem entsprechend ist es am Abend auch ziemlich laut im Camp. Inzwischen habe ich Kopfschmerzen. Mein Ruhepuls (80 bis 90) beunruhigt mich, aber Patson – mein zweiter neuer Freund – sagt, dass das alles völlig normal sei.
Ich staune immer wieder über die Leistung unserer Crew. Alle sind immer gut gelaunt, sie bauen frühmorgens nach uns die Zelte ab, verstauen alles und schleppen es dann an uns vorbei den Berg hinauf, um vor uns da zu sein und alles wieder aufzubauen und vorzubereiten.
Die nunmehr schon gewohnte Abfolge nach unserer Ankunft im Camp beginnt mit dem Lunch. Manchmal warm, manchmal kalt gibt es eine kleine Mahlzeit, ein wenig frisches! Obst und natürlich „continuous drinking…“. Danach unternehmen wir noch einen Akklimatisierungs“spaziergang“ ohne Gepäck zur Shira Höhle und auf eine nahe gelegene Anhöhe. Von dort hat man einen fantastischen Blick auf das Shira Plateau. Danach ausruhen, waschen (Schüssel) und umziehen. Gegen 19:00 Uhr Dinner – mal sehen, was es heute so gibt. Gestern gab es übrigens Gurkensuppe, Pommes mit Gemüsesauce und Weißkraut, danach frisches Obst (Mango, Ananas). Heute morgen Porridge, was meinem Magen sehr gut tat. Danach Toast und Rührei und wieder Obst. Die Jungs machen einen tollen Job!

Donnerstag 24.08.2017: Shira Cave Camp (3.830m) – Lava Tower (4.630m) – Barranco Camp (3.950m) – 700Hm/600m – 10km

Wir starten um 07:30 Uhr, d.h. wecken um 06:30 Uhr…, aber inzwischen sind wir geübt. Patson möchte azyklisch laufen und das wird sich im Laufe des Tages bewähren. Vom Shira Camp geht es aufwärts und dann über ein lang gezogenes Hochplateau – das Wetter ist trocken. Wir haben eine gute Sicht und sehen die Lemosho-Route von links kommen. Beide Routen treffen sich hier an der s.g. Junction. Danach geht es weiter zum Lava Tower auf 4.630m Höhe. Wir sind von Nebel und Wolken umgeben und laufen nun sehr langsam, Schritt für Schritt. Die Höhe ist deutlich spürbar und wir können zum ersten Mal richtig erahnen, was uns noch erwartet. Am Ende bin ich Mbise einfach nur noch synchron hinterhergelaufen, völlig „mechanisch“. Am Lava Tower waren wir dann in einem eisigen Wind inmitten von Wolken, so dass sich das Thema Lunch erübrigt hatte. Stattdessen steigen wir nach den obligatorischen Fotos sofort wieder ab in Richtung Barranco Camp. Das Tal, durch das wir laufen, ist eine faszinierende Landschaft. Geröllfelder und dann mittendrin Riesenlobelien und Senecien. Im Camp angekommen, hat unsere Mannschaft mal wieder ganze Arbeit geleistet. Die Zelte stehen, Schlafsäcke sind getrocknet und der Lunch ist vorbereitet. Ich bin voller Dankbarkeit, denn dieser Abschnitt hatte es in sich. Caro und ich sind nun gespannt auf Patsons Leistungsbewertung – er wird uns heute Abend nach dem Dinner seine Prognose für den Gipfeltag „verkünden“.
Nach einer Ausruhstunde und unserem Lunch, den wir über den Lava Tower geschleppt hatten, geht es mir jetzt wieder gut. Die letzte Nacht im Shira Camp war furchtbar laut, derweil im Radio Fußball übertragen wurde und offensichtlich zwei bekannten Tansanische Mannschaften gegeneinander antraten.
Hier im Barranco Camp ist es nun natürlicherweise noch voller. Die Toiletten jetzt zur Hochsaison sind gewöhnungsbedürftig…, aber man passt sich an. Die größte Entschädigung für die Anstrengung ist die grandiose Landschaft. Am Abend zeigt sich der Kilimanjaro! Es ist für mich eine mystische Stimmung. Der Berg sieht majestätisch aus und ist noch soo weit entfernt. Ich fühle mich klein und bin überwältigt von der Größe, der Weite und Ursprünglichkeit dieses Ortes. Der Blick nach unten gibt mir das Gefühl, über den Wolken zu schweben. Wie im Flugzeug, nur mit beiden Beinen auf der Erde.

Freitag 25.08.2017: Barranco Camp (3.950m) – Karanga Valley Camp (3.960m) 300Hm/300m – 6km

07:00 Uhr wecken… Rage ist wie immer die personifizierte Herzlichkeit. Ihm kann man einfach nichts entgegensetzen, auch nicht nach einer Nacht mit Herzklopfen und vielen „unnatürlichen“ Campgeräuschen, dazu Kopfschmerzen und Kälte…
Am Vorabend hatte uns Patson im Briefing sehr beruhigt, indem er uns beiden bescheinigte, dass wir den Gipfel auf jeden Fall erreichen werden. Allerdings hatten wir in Anbetracht der vielen Menschen hier im Camp unsere Bedenken, wie wir heute die Breakfast Wall aus strategischer Sicht angehen sollten.
Patson entschied sich für einen späten Aufbruch, um denjenigen, die nicht im Karanga Valley übernachten den Vortritt zu geben. Leider dachten nicht nur wir so, oder vielleicht haben auch diejenigen nur zu lange geschlafen… Jedenfalls war die Barranco Wall voll. Man könnte auch sagen, es war Stau. Auffällig dabei die vielen Bergsteiger, die ständig Pausen brauchten. So wurden auch wir gezwungen, auf unserem Weg nach oben zum Sattel in 4.300m Höhe ständig anzuhalten. An sich ist diese oft diskutierte Wand nicht besonders schwierig im Vergleich zu allem, was wir bisher schon erlebt hatten. Der Blick von oben hinab zum Barranco Camp und hinauf zum Kibo ist atemberaubend. Bei strahlendem Sonneschein stehen wir gegen 10:00 Uhr dort oben. Ich bin sehr zufrieden mit mir und genieße dieses Gefühl.
Danach geht es in einem wunderschönen Tal auf und ab, um dann abrupt nochmals ca. 100 Höhenmeter steil nach oben zum Karanga Valley zu überwinden. Man steht vor dieser letzten Steigung an diesem Tag und denkt sich, warum muss das jetzt noch sein…
Wir sind beide sehr froh, im Karanga Camp zu übernachten und eben nicht bis zum Base Camp durchzulaufen. Auch im Nachhinein ist dieser zusätzliche Tag extrem wichtig gewesen. Obwohl es hier sehr windig und abschüssig ist, genieße ich mein Zelt mit Luftmatratze und Schlafsack. Die Sonne brennt und es ist angenehm warm. Der Kili ist jetzt ziemlich nah und zeigt sich in seiner vollen Größe.
Es ist Zeit und Gelegenheit, zum ersten Mal Haare zu waschen, nämlich mit meinem Waschwasser, welches ich bereits zur Ganzkörperwäsche eingesetzt habe. In der Sonne ist alles schnell getrocknet. Rage verwöhnt uns heute zum Lunch mit Krautsalat und Pommes, echter Wahnsinn und ich habe sogar Hunger. Nehme es als gutes Zeichen, obwohl meine Kopfschmerzen gerade wieder zunehmen.
Wir ruhen uns aus und sehen den „armen“ Menschen zu, die an unserem Camp vorbeiziehen zum Base Camp. Das steht uns zum Glück erst morgen bevor und dann hoffentlich mit frischen Kräften.

Samstag 26.08.2017: Karanga Valley Camp (3.960m) – Barafu/Base Camp (4.600m) – 600Hm – 4km

Wir starten um 08:30 Uhr von Karanga Valley bei strahlend blauem Himmel und Sonnenschein. Zum ersten Mal hole ich meine Gletscherbrille heraus. Es geht steil berauf. Die 600 Höhenmeter wollen auf kürzester Distanz überwunden werden, so dass wir alle schnaufen wie alte Dampflokomotiven. Natürlich sind jede Menge anderer Teams unterwegs und wir bekommen auch heute unseren alltäglichen Stau am Berg. Erstaunlich ist, dass wir in der Regel mit als Erste ankommen, obwohl wir weder als Erste losgehen, noch außergewöhnlich schnell laufen. Der Trick ist – wir laufen kontinuierlich und mit ganz wenig Pausen. Bisher habe ich auch keinerlei Medikamente genommen und ich hoffe, dass das bis einschließlich morgen auch so bleibt. Nach 2,5 Stunden erreichen wir das Base Camp. Wir ruhen uns erst einmal aus und ich versuche, meinen Ruhepuls unter 100 zu bringen. Nach gut einer Stunde haben Caro und ich mit überdurchschnittlichem Hunger unseren Lunch vertilgt. Es gab Kartoffeln mit Gemüsesoße und hinterher frische Ananas und Apfelsinen. Man muss sich immer wieder klar machen, dass die Jungs das alles bis hierher getragen haben einschließlich nunmehr auch dem Trinkwasser.
Um 17:00 Uhr soll die große Einführung von Patson in unseren bevorstehenden Gipfeltag erfolgen. Caro und ich bewerten die Vorzeichen als gut bis sehr gut und wir überschätzen uns hoffentlich nicht. Der Berg entscheidet aber, ob er uns nach oben lässt oder nicht. Ich zumindest spüre Ehrfurcht, wenn ich ihn anschaue…
Aber ich weiß, dass wir gut vorbereitet sind. Patson und Mbise sind inzwischen ganz wichtig geworden für uns. Wenn du an deine Grenzen kommst, brauchst du jemanden, dem du absolut vertrauen kannst. Die Beiden sind anders als die meisten Bergführer hier und deshalb sind auch wir anders als die meisten Teams hier, die mit Fahnen und Liedern lautstark „einmarschieren“. Das macht mich sehr zuversichtlich, denn da wo die meisten sind, ist in der Regel nicht viel zu holen… Unser Laufstil gleicht inzwischen dem eines Roboters. Wir laufen immer noch in einer Linie still vor uns her, völlig synchronisiert und sehr langsam. Ich schaue oft nur auf die Füße von Mbise; die geben mir Kraft und Zuversicht. Ich hoffe sehr, dass das morgen bzw. heute Nacht genau so sein wird.

Sonntag 27.08.2017: Barafu/Base Camp (4.600m) – Uhuru Peak (Summit) (5.895m) 1.295Hm – 4,5km – Mweka Camp (2.850m) 3.045Hm – 14km

Wir werden bereits um 23:00 Uhr (eigentlich noch Samstag) geweckt. Das heißt, ich habe geschlafen, aber nicht lange. Es fühlt sich trotzdem gut an. Ich bin sehr aufgeregt, weil so viele Fragen am Abend unbeantwortet geblieben waren. Um Mitternacht geht es endlich los und uns erwartet ein harter Aufstieg bis zum Stella Point.
Das Problem ist einerseits die Steilheit des Aufstiegs in Geröll und Lavagestein, andererseits aber auch die Unkenntnis der Distanz in der Nacht. Patson erklärt uns das als Vorteil, was ich im Nachhinein auch bestätigen kann. Er läuft an diesem Tag zum ersten Mal voraus und ich muss mich erst an seinen Laufstil gewöhnen. Außerdem müssen wir viele Zwangspausen machen, die durch andere Gruppen hervorgerufen werden, indem sie im Weg stehen und sich ausruhen. Zum ersten Mal sehe ich Sauerstoffflaschen… Patson überholt einmal eine große Gruppe, was uns zusätzliche Kraft kostet. Wir versuchen, einfach immer weiterzugehen. Mir macht vor allem die Müdigkeit zu schaffen und ich beginne mehrmals beim Laufen einzuschlafen. Patson ermahnt mich „please don´t sleep…“ und ich versuche mich mit aller Kraft wachzuhalten. Caro fällt es auch nicht leicht. Sie braucht jetzt kleine Pausen und versucht sich mit Musik zu motivieren. Am Ende haben wir aber beide durchgehalten, sind kontinuierlich gelaufen und mussten uns nicht erbrechen. Um 06:15 Uhr sind wir auf einmal am Stella Point. Völlig überrascht stehe ich vor dem Schild und bin so euphorisch und hellwach, dass ich Patson vorschlage, gleich weiter zum Uhuru Peak zu gehen, um den vielen Menschen, die uns folgen zuvorzukommen. Leider haben wir dabei Caro und Mbise aus den Augen verloren.
Auf dem weiteren Weg ist alle Müdigkeit wie weggeblasen. Wir erleben einen fantastischen Sonnenaufgang und stehen kurze Zeit später auf dem Gipfel. Das Gefühl kann man einfach nicht beschreiben und ich bin überzeugt, dass es sehr individuell ist. Für mich ist der Ort magisch. Er verkörpert Ehrfurcht, Schönheit, Freiheit und Ruhe. Ich stehe und genieße es. Leider vergesse ich die Welt um mich herum. Ohne Gletscherbrille und mit geöffneter Daunenjacke merke ich nicht, wie die Zeit vergeht. Wir machen Fotos und gehen zurück, um Caro und Mbise zu suchen. Kurze Zeit später finden wir die Beiden. Wir gehen zu viert noch einmal zu Gipfel und dort herrscht inzwischen „Hochbetrieb“. Menschen wie Trauben um das Gipfelschild herum. Alle wollen möglichst viele Fotos machen und ich spüre, wie die Magie des Ortes schwindet…;; auch wir stellen uns nun an und machen ein paar Gruppenfotos, um dann zum Abstieg aufzubrechen. Zurück am Stella Point gibt es auch hier noch einige Fotos, um die wir „kämpfen“ müssen – immer noch strömen die Gruppen nach oben.
Nun geht es endgültig zurück. Der Weg führt steil bergab durch Lavastaub und Geröll. Ich merke, dass meine Kraftreserven schwinden und ich nun meine Trekkingstöcke brauche, um nicht auszurutschen. Es ist für mich deutlich anstrengender als der Aufstieg und der Weg in gleisender Sonne zurück zum Base Camp will kein Ende nehmen. Dazu kommt, dass wir weder etwas gegessen, noch viel getrunken haben. Ich merke, dass meine Kraftreserven immer weiter nachlassen. Im Base Camp angekommen müssen wir unsere Sachen wechseln. Rage hat Lunch vorbereitet, aber wir haben beide keinen Hunger. Wir zwingen uns trotzdem, etwas zu essen und zu trinken. Danach geht es weitere 1.800 Höhenmeter bergab. Es fällt mir immer schwerer, weiterzugehen. Patson erklärt mir, dass ich viel zu lange auf dem Gipfel war. Normalerweise verbringt man dort 15 bis 20 Minuten. Ich war fast eine Stunde oben. So kommen wir mit einiger Verspätung im Mweka Camp an. Wir bereiten die Überreichung der Trinkgelder vor, um vor Sonnenuntergang mit allen unseren Erfolg zu feiern. Wie immer ist die gesamte Crew trotz aller Anstrengungen gut gelaunt und sie singen und tanzen für uns. Ich bin jedem einzelnen sehr dankbar, aber todmüde. Nach einer schnellen Wäsche und einem kurzen Dinner suche ich mein Zelt und meinen Schlafsack. Die Luft hier auf 3.000 m Höhe ist so viel angenehmer und ich schlafe auf der Stelle ein.

Montag 28.08.2017: Mweka Camp (2.850m) – Mweka Gate (1.800m) – 1.050Hm – 10km

Nach dem Aufstehen fühle ich mich viel besser. Die Kopfschmerzen haben nachgelassen, ich habe Hunger und freue mich auf den Tag. Wir brechen gleich nach dem Frühstück auf, um vor allen anderen am Gate zu sein. Patson erklärt uns, dass die Prozedur zum Ausstellen der Zertifikate lange dauern kann, so dass es sinnvoll ist, möglichst früh dort zu sein. Unser Weg führt uns wieder hinein in den Regenwald, immer bergab. Die Vegetation nimmt immer mehr zu und kommt uns bekannt vor. Wir sind schnell unterwegs und erreichen gegen 10:00 Uhr das Gate. Wie erwartet, sind wir mit die ersten und brauchen etwa 1 Sunde, bis wir unsere goldenen Zertifikate in den Händen halten. Danach geht es im Bus zurück nach Moshi. Es warten eine richtige Dusche und ein richtiges Bett auf mich.

Im Spiegel sehe ich, wie sich die Anstrengung der vergangenen Tage in mein Gesicht geschrieben hat. Ich spüre aber die Kraft und das Selbstvertrauen, welche mir der Berg gegeben hat. Die Anziehungskraft Afrikas auf mich ist ungebrochen. Ich habe die Wüsten, Deltas, Canyons und Küsten Afrikas erlebt, Menschen, Tiere und Pflanzen kennengelernt. Nach Afrika zu reisen ist für mich immer wie ein Stück weit „ankommen“… Der Kilimanjaro hat sich in seiner eigenen Handschrift bei mir eingeprägt – ein Superlativ in vielerlei Hinsicht.

Jambo – Kilimanjaro : Hakuna Matata !

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